FDP Garbsen

Erleiden Garbsens Finanzen Schiffbruch?

In dieser Woche wurde der Haushalt der Stadt Garbsen für das kommende Jahr verabschiedet. Die metaphorische Rede der FDP schlug dabei im wahrsten Sinne des Wortes hohe Wellen. Bissig und provokant verglich unser Vorsitzender Florian Koschik darin die Finanzsituation der Stadt mit der Titanic, was von der Presse gerne zitiert wurde.

Für alle, die nicht dabei sein konnten, kommt hier nochmal die komplette Rede.

 

Haushaltsrede 2024

Zitierfähiges Skript, es gilt das gesprochene Wort.

Es kommt mir so vor, als säßen wir auf einem Schiff, das gerade einen Eisberg gerammt hat. Nun beginnt das Schiff Schlagseite zu bekommen und es droht unterzugehen – doch im Ballsaal spielt noch immer das Orchester und es wird getanzt, als wäre nichts passiert…

Herr Bürgermeister, Herr Ratsvorsitzender, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, werte Bürgerinnen und Bürger, geschätzte Presse.

Wir als FDP würden in dieser Situation Abwehrmaßnahmen einleiten, wir würden gegenlenken, die Pumpen einschalten – für uns gilt: „Das Steuern ist wichtiger als die Steuern.“

Die Zukunft der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung kann angesichts des Bundesverfassungsgerichtsurteils, das auch Auswirkungen auf die Stadtkasse hat, des anhaltenden Krieges in der Ukraine, einer dynamischen Inflationsrate und der volatilen Veränderungen am Zinsmarkt nur in der Glaskugel abgelesen werden. Deshalb wird die Haushaltsrede des Bürgermeisters der Komplexität dieser Realität nicht gerecht.

Der vorgelegte Haushalt mit 143 Mio. ist ausgeglichen. Herr Meier, Sie und ihr Team haben wieder einmal gute Arbeit geleistet. Doch leben wir zur Zeit von der Substanz. In der Stadtkasse sind 80 Mio. liquide Mittel – Geld für Projekte, die (bisher) nicht stattgefunden haben. Ferner sinken 2024 aufgrund ausgebliebener Investitionen die Abschreibungen massiv.

Wir haben im November in diesem Saal gehört – ich zitiere: „Wir müssen mit unserem Geld vernünftig und weitsichtig wirtschaften.“

„Mit der Steuer steuert der Staat seine Einnahmen, aber leider nicht seine Ausgaben.“

In den nächsten vier Jahren benötigen wir einen Kreditbedarf in Höhe von rund 160 Millionen Euro. Das ist mehr als wir in einem ganzen Jahr einnehmen. Wir fragen uns: Wie erfolgt die Gegenfinanzierung? 

Beim Weihnachtsmarkt – oder sagen wir besser beim Weihnachtsdebakel – direkt hier vor unserer Tür gehen jeden Tag mehrere Tausend Euro über Bord. Beim Kassensturz wird jeglicher Weihnachtszauber verflogen sein. „Brot und Spiele“ mag im alten Rom für eine gewisse Zeit funktioniert haben – in unserer Zeit achten die Menschen auf seriöse Haushaltsführung.

Dabei muss die Verwaltungsführung lernen: Konsumieren ist nicht das Gleiche wie investieren. Wir sind es den Bürgerinnen und Bürgern in Garbsen schuldig – mit Steuergeld spielt man nicht!

Herr Bürgermeister, Sie haben in Ihrer Rede gesagt: „Der Haushalt der Stadt Garbsen ist wie ein Kuchen.“ Um in berühmten Anekdoten zu bleiben: Kuchenbacken ist harte Arbeit und wer Kuchen mitbringt, darf auch bestimmen, wie man ihn teilt.

Lassen Sie es mich sachlich ausdrücken: „Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, hat das Recht, Steuern zu sparen!”

Ich habe es letztes Jahr gesagt, ich sage es heute und ich werde es auch in Zukunft sagen: Wir haben in Garbsen kein Problem mit den Einnahmen – das Problem liegt auf der Ausgabenseite! Mit uns als FDP wird es KEINE Erhöhung der Hebesätze geben. Solide Finanzen sollten uns im Interesse der Stadtgemeinschaft etwas wert sein. Wir werden im nächsten Kommunalwahlkampf daran erinnern, wer das Geld verprasst hat.

Die Stadt treibt durch große Investitionen die Kosten in die Höhe, alles soll vom Feinsten sein und zeitgleich passieren. Meine Damen und Herren, wir können aber auch vom alten Rom lernen: „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.“ Projekte sollten daher – das ist unser Vorschlag – priorisiert und nicht alle zeitgleich umgesetzt werden. Dieser Haushalt berücksichtigt gar keine Prioritäten. Wir sagen: A delay is better than a disaster.

Ein weiteres Problem:

Die erneute Ausweitung des Stellenplans der Stadt Garbsen führt zu höheren Personalausgaben. Allein im nächsten Jahr soll der Personalkörper um rund 7% wachsen.

Im Vergleich zu 2020 (524), verzeichnen wir 2024 (587 + 46) somit einen Zuwachs von rund 110 Personen, das ergibt Mehrausgaben von mehr als 7 Mio. pro Jahr!

Unausweichlich muss hier also die Frage gestellt werden: Wer soll das alles bezahlen? Was passiert, wenn sich kein geeignetes Personal findet? Wie gehen die Projekte dann weiter? 

Unsere Empfehlung, Herr Bürgermeister: Setzen Sie das Personal zuallererst einmal sinnvoll ein. Ich verdeutliche es gerne an einem Beispiel: Mit dem Projekt Upcyling im August 2023 wurde eindrucksvoll bewiesen, wie sinnfrei Personal und Steuergeld versenkt werden. Das Serviceteam Garbsen, bestehend aus 15 Mitarbeitern, wurde mit der Veredelung von vermeidbarem Müll beauftragt. Mehrere Tausend Euro im Monat zahlt der Bürger für die Veredelung von vermeidbarem Müll. Und: welcher Steuerzahler der Stadt Garbsen will schon eine Plastiktüte mit dem Konterfei des Bürgermeisters haben?

Vor einem Monat durften wir hier hören: „Digitalisierung ist und bleibt Schlüsselaufgabe in den kommenden Jahren.“7 Die interne und externe Verwaltungsdigitalisierung sollte längst abgeschlossen sein. Wo bleibt die Digitalisierungsdividende? Die Digitalisierung sollte Bürokratie abbauen und die Verwaltung entschlacken. Immerhin: die Telefonanlage der Stadt wurde neu programmiert, kein Bürger verschwindet mehr in den Untiefen der Warteschleifen und glücklicherweise können Bürger weiterhin über die Faxgerätenummer 7 07 – 7 77 die Stadtverwaltung erreichen. Willkommen im 21. Jahrhundert.

Okay – Schluss mit traurigem Sarkasmus. Jetzt kommt die Stimme aus der Wirklichkeit. Dabei wissen wir, der Wahrheit steckt man keine Orden an. 

Durch unzählige Prestigeprojekte fehlt das Geld für vernünftige Investitionen. Wir als FDP verstehen uns als Vernunftspartei. Wir fordern, teure Projekte mit ungewissem Ausgang wie dem steuerfinanzierten Glasfaserausbau in Garbsen, zu stoppen.

Man kann nahezu jedes selbstgemachte Problem mit Geld wieder lösen, aber generationengerecht und nachhaltig ist das nicht. Die im Haushalt prognostizierte Schuldensumme überfordert die Gegenwart und nimmt Generationen in Haftung, die sich noch gar nicht wehren können. 

Wir appellieren an alle Verantwortlichen: Handeln Sie NICHT nach dem Motto „nach mir die Sintflut“. Krisenbewältigung, meine Damen und Herren, ist immer eine Gemeinschaftsaufgabe und das Prinzip Hoffnung ist auf einem Schiff mit Schlagseite keine Strategie. Herr Bürgermeister, starten Sie jetzt den Sparmodus oder das Schiff wird untergehen.